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Geruchsbelastung im Erzgebirge und Vogtland

Piktogramm Geruch

In grenznahen Gebieten von Erzgebirge und Vogtland treten vor allem im Herbst und Winter bei südlichen Luftströmungen, Hochdruck-Wetterlagen über Mitteleuropa und stabilen Luftschichten mit Temperaturumkehrung (so genannten Inversionswetterlagen) Geruchsbelastungen auf. Dabei werden zumindest kurzzeitig auch erhöhte Konzentrationen typischer Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid und Benzol gemessen.

Im Gegensatz zu anderen Geruchsbelastungen, deren Ursachen meist lokaler Natur sind (z.B. Tierhaltung, unsachgemäßes Verbrennen) handelt es sich hier eindeutig um großräumige Erscheinungen.

Die Wahrnehmungen betroffener Bürger sowie die Meldungen von Behörden haben gezeigt, dass es sich nicht um einen, sondern um verschiedene Gerüche handelt. Es lassen sich folgende typische Gerüche unterscheiden: Gerüche aus der Chemischen Industrie (Mineralöl, Teer, Kunststoffe), Schwefelwasserstoff, Rauchgase sowie »Katzendreck«.

Als »Katzendreck« wird ein äußerst unangenehmer Geruch bezeichnet, der vermutlich durch Schwefelverbindungen im Rohöl verursacht wird, so genannte Merkaptane.

Das nordböhmische Industrierevier

Es ist inzwischen unbestritten, dass diese Abgase aus dem nord-böhmischen Industrierevier stammen. In diesem Gebiet zwischen dem Tal des Flusses Eger und dem Becken von Most sind neben Braunkohle-Kraftwerken auch die chemische und andere Industrien angesiedelt. Nach Angabe im europäischen Industrieemissionsportal (European Industrial Emissions Portal (europa.eu)) befinden sich im Nordwesten der Tschechischen Republik circa 100 berichtspflichtige Industrieanlagen.
 
Die tschechischen Unternehmen haben ihre Produktionsanlagen in den letzten Jahren umfassend modernisiert. Das Umweltzentrum Most überwacht und berichtet über außergewöhnliche Betriebsereignisse im Chemiekomplex Litvinov auch in deutscher Sprache (Internetadresse s. rechte Spalte).

Maßnahmen, Ergebnis und Perspektiven

Die Behörden beider Länder haben sich der Problematik inzwischen sehr intensiv angenommen. Dazu wurden kurze Meldewege bei einem Geruchsereignis eingerichtet. In den letzten Jahren wurde beispielsweise ein gemeinsames Geruchsprobandenprogramm durchgeführt, zusätzliche Messprogramme realisiert, der Ursprung von Geruchswolken rechnerisch anhand meteorologischer Daten bestimmt (Trajektorienrechnung) und Messflüge durchgeführt.

Berechnungen der Luftströmung über dem Erzgebirge haben gezeigt, dass die zeitliche und räumliche Ausbreitung der Luftmassen über den Erzgebirgskamm sehr komplex ist. Die emittierten Luftmassen erreichen mit z. T. mehrstündiger bis mehrtägiger Verzögerung die Ortslagen in Sachsen. Der wahrgenommene Geruch wird nicht zwangsläufig auch nahe der Emissionsquelle registriert, da er sich auch erst während des Luftmassentransports durch chemische Umwandlungs- und Mischungsprozesse bilden kann.

In den letzten Jahren wurden über 50 relevante Geruchsstoffe bestimmt, um die Quelle(n) der Geruchsbelastung zu lokalisieren. Nachdem diese Untersuchungen nicht zum Ziel führten, wurde mit hohem finanziellem und personellem Aufwand versucht, die von Anwohnern vermuteten Mercaptane (einige Verbindungen und deren Abbauprodukte riechen sehr intensiv) nachzuweisen, leider auch ohne Erfolg.

Die Gesundheitsbehörden in Sachsen führten ergänzend umweltmedizinische Untersuchungen durch.

Dennoch ist es bisher nicht gelungen, die Ursachen der Geruchsbelastungen eindeutig zu ermitteln oder gar zu beseitigen. Nach derzeitigem Wissensstand gibt es dafür folgende Erklärungen:

  • Die hohe Konzentration von Emittenten in Nordböhmen erschwert die Identifikation der Geruchsquelle(n).
  • Das Risiko außerordentlicher Betriebsereignisse (und erhöhter Schadstoffemissionen) ist in der Chemieindustrie und in Kraftwerken höher als in anderen Industriezweigen.
  • Die gleichmäßige Ausbreitung und Verdünnung der Luftschadstoffe wird durch die geographische Lage des Industriegebietes (Nordböhmisches Becken wird im Norden und Süden begrenzt von Gebirgszügen) sehr erschwert. Eingeschnittene Nord-Süd Täler im Erzgebirge sowie die besonderen meteorologischen Bedingungen (häufige Inversionssituationen im Winter mit »Böhmischen Wind« aus südöstlicher Richtung) führen zum Schadstoffeintrag nach Sachsen.

Die Bevölkerung und die Medien wurden regelmäßig in öffentlichen Veranstaltungen über die Ergebnisse unterrichtet.

Vorrangig in den Winterhalbjahren kommt es gelegentlich zu grenzüberschreitenden Geruchsepisoden. Die Anzahl der Geruchsbeschwerden ist stark rückläufig.

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