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Minderung der Grundwasserneubildung und Erosionsschutz durch Zwischenbegrünung

Verfahrensbeschreibung

Zwischenbegrünung einer Fläche durch Aussaat ausgesuchter (bspw. einjähriger) Kulturen für eine vorübergehende, extensive Nutzung

Einsatzbereich
- als Erstbegrünung auf Tagebaukippen, Bergehalden des (Uran)Erzbergbaus oder Kali-Rückstandshalden vor der eigentlichen Aufforstung - als Erstbegrünung von Kippenflächen, die ohne Kulturpflanzennutzung bleiben (z.B. für Naturschutzprojekte) - Böschungsbegrünung im aktiven Tagebau
Behandlungsziel
- Vermeidung von Vernässung, Erosionsminderung (inkl. Minderung Stabemission), Böschungsstabilisierung - Herstellung eines funktionsfähigen Bodengefüges, Entwicklung der Bodenfruchtbarkeit - Etablierung dichter Vegetation - Verringerung der Sickerwasserbildung ggf. schon im Initialstadium der Waldentwicklung - zum Schutz gegen unerwünschten Aufwuchs
Verfahrensart
Bergbau
Umwelteinflüsse
Schaffung stabiler, dicht begrünter Halden-/Kippenareale ggf. mit niedriger Sickerwasser-/Grundwasserneubildungsrate
Überwachung
- Überwachung der Flächen hinsichtlich Erosionserscheinungen, Setzungen, Rutschungen usw. - Überwachung der Vegetationsentwicklung - Monitoring des oberirdischen Abflusses bzw. der nahegelegenen Vorflut, der Grundwasserqualität
Nachsorge
ggf. Nachsaat
Nachbesserung
- Aussaat in den freien Räumen zwischen den Bäumen bei Neu/Erstaufforstung - Kraut-/Graseinsaat und gleichzeitiger Mitanbau schnellwüchsiger Pioniergehölze im Initialstadium der Waldentwicklung - Pflanzung geeigneter Gehölze an den steilen Haldenböschungen, die durch wasserhaushaltlich ungünstig Exposition schlechte Wachstums- und Bodenbildungsbedingungen zeigen
Relevante Prozesse
  • Erosion = Abtragungsprozesse, bei denen Material durch strömende Medien (flüssiges Wasser, Eis, Luft in Form von Wind) verlagert wird - Wegtransport wenn die vom strömenden Medium erzeugte Scher-/Schubspannung (Strömungsgeschwindigkeit) auf die zu erodierenden Partikel höher ist als die Haftreibung der Partikel untereinander - erodiertes Material, das bereits vom strömenden bzw. fließenden Medium mitgeführt wird, kann dessen Erosionswirkung deutlich erhöhen - linienhafte Eintiefung der Erdoberfläche durch abfließendes Wasser (z.B. kurzlebige Rinnsale = Rillenerosion, Fließgewässser = fluvial) oder flächenhaft (z.B. Erosion durch Wind = äolisch oder Niederschläge)
  • Ausmaß der Erosion maßgeblich von der Beschaffenheit des Untergrundes abh.: - Lockermaterial leichter erodierbar ist als solider Fels - feinkörniges Material leichter erodierbar als grobkörniges Material - magmatische Gesteine, wie Basalt oder Granit, in der Regel schwerer erodierbar als Sedimentgesteine - sekundäre Modifikationen des Gesteinsverbandes wie Klüfte oder Verwerfungen bieten bevorzugte Angriffspunkte für Erosion - eine dichte Pflanzendecke wirkt sich ungünstig auf Erosion aus, da sie die Strömungsgeschwindigkeit herabsetzt (Abhängigkeit der Erosionsrate von der Vegetationsdichte = Phytovarianz)
  • Besonders an den steilen Haldenböschungen, die wasserhaushaltlich ungünstig exponiert sind, zeigen sich schlechte Wachstums- und Bodenbildungsbedingungen. Mit der Pflanzung geeigneter Gehölze kann dem entgegengewirkt werden und damit eine intakte Vegetation geschaffen werden. Diese wirkt sich günstig auf die Anreicherung von Humussubstanz aus und führt zur Intensivierung der Bodenbildung. Mit der verbesserten Bodenbedeckung und stärkerer Beschattung wird vor allem in den durch ein Niederschlagsdefizit gekennzeichneten Sommermonaten ein verbessertes Pflanzenwachstum ermöglicht. Der Wasserhaushalt der Halde verlagert sich mehr in diese Bodenschicht Bodenschicht.
Anwendungsstand
Stand der Technik
Zeitaufwand
über 10 Jahre

Rechtliche Anforderungen

Arbeitsschutz
- TRGS 524 „Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen“ - DGUV-Regel 101-004 „Kontaminierter Bereiche“ (bisher: BGR 128) - Gefahrstoffverordnung GefStoffV - Materialienband „Leitfaden zum Arbeitsschutz bei der Altlastenbehandlung“ des Freistaates Sachsen - DIN-Vorschriften der VOB Teil C in der aktuellen Fassung - DIN 18917, DIN 18918
Genehmigungsfähigkeit
prinzipiell gegeben
Erforderliche Genehmigungen
Gesetz Notwendig
Abfallrecht u. U.
Baurecht Ja
Immissionsschutzrecht u. U.
Wasserrecht Ja
Sonstige u. U.

Bewertung

Eignungsgrad für Schadstoffe
gut
bedingt
  • Arsen
  • Blei
  • Cadmium
  • Cobalt
  • Kupfer
  • Nickel
  • Zink
  • Sulfate
  • Phosphate
  • Schwebstoffe mit adsorbierten Schadstoffen
  • Chrom
  • Schwermetalle
  • Saures Wasser
  • basisches Wasser
ungeeignet
  • Aliphatische, aromat. KW
  • MKW (Diesel, Schmieröle)
  • Leichtflüchtige KW (BTEX)
  • PCB
  • PAK (< 4 Ringe)
  • PAK (> 4 Ringe)
  • LHKW
  • Dioxine, Furane
  • Phenole und Alkohole
  • Pestizide
  • Quecksilber
  • Zinn
  • Cyanide (komplex)
  • Fluoride
  • MTBE
  • PAK
  • Schwefelwasserstoff
  • Ammoniak
Umweltauswirkung
hoch mittel gering ohne
Transportaufkommen X
Bodenbelastung X
Grundwasserbelastung X
Luftbelastung X
Lärmbelastung X
Schmutzbelastung X
Abfallaufkommen X
Flächenbedarf X
Anforderungen
  • vorher ausreichende geostatische Sicherung der Abraumhalden/Kippenareale entsprechend den Richtlinien für die bergrechtliche Zulassung
  • Vorhandensein bzw. Herstellung einer Wasserhaushaltsschicht
  • ggf. Einsatz von Bodenverbesserungsmaßnahmen – Kombination bodenmeliorativer und pflanzenbaulicher Maßnahmen
  • Zur Vermeidung von Vernässung, Erosion und zum Schutz gegen unerwünschten Aufwuchs hat eine Zwischenbegrünung nach DIN 18917 zu erfolgen, wenn die vorgesehene Begrünung nicht innerhalb von zwei Monaten nach den Bodenarbeiten hergestellt werden kann.
  • Zwischenbegrünung zur Herstellung eines funktionsfähigen Bodengefüges erfolgt durch Ansaat nach DIN 18917 oder DIN 18918 als Nass- und Trockenansaat, z. B. mit Mischungen aus Luzerne, Steinklee, Winterweizen, Winterroggen, Lupine, Gelbklee, …
  • Begrünung steiler Böschungssysteme und unebener Flächen mit Anspritzbegrünung in unzugänglichen Bereichen Begrünung mit Helikopter
Anforderungen an Umwelt
  • Bedarf an Saatgut
  • ggf. Materialbedarf für die Herstellung der Wasserhaushaltsschicht
Beispiele weltweit
  • LMBV: Rekultivierungsmaßnahme auf der Pflugkippe 7/8 im Süden der L60 bei Schipkau lt. Abschlussbetriebsplan Herstellung einer forstwirtschaftlichen Fläche schnelle Sicherungsmaßnahmen bis zur Aufforstung: - Anspritzbegrünung der Böschung als sogenannte "Schnellbegrünung" (die erste Saat wächst innerhalb einer Woche) - dauerhafte Böschungssicherung mit Baumstubben und Weidensetzstangen, die Wurzeln bilden Oberflächenwasser kann gezielt ablaufen bremsen der Fließgeschwindigkeit
  • K+S: Standorte Hattorf und Wintershall/Werra (Thüringen): - 2016 – 2020: Pilotprojekt zur Haldenabdeckung u.a. zur Entwicklung einer geeigneten Aussaat- und Bewässerungstechnik
Beispiele in Sachsen
  • Tagebaue des Lausitzer Reviers (LEAG)
  • Tagebaue des Mitteldeutschen Reviers (MIBRAG)
  • Wismut - Bereich Königstein: Standort Dresden-Gittersee (Alt-Steinkohlen- und Uranbergbau) - Halde Marienschacht: Mehrschichtabdeckung + Graseinsaat auf gesamter Fläche für Erosionsschutz
  • Wismut – Altstandorte; Halde 42 Johanngeorgenstadt - Abflachung sämtlicher Böschungen + Bodenauftrag für Begrünung - Erstbegrünung bis auf einzelne Restarbeiten wie die Pflanzungen von Sichtschutz abgeschlossen
  • LMBV: SW-Böschung des ehem. Tagesbaus Wulfersdorf/Leipzig - aktuell Baumfällarbeiten danach Erdbau - Erosionssicherung und Erosionsschutz durch Begrünung bis 2023 - anschließend Aufforstung einzelner Böschungsbereiche
Leistungsfähigkeit unter sächsischen Bedingungen
  • standardmäßige Rekultivierungsmaßnahme auf frischen Tagebaukippen als schnelle Sicherungsmaßnahme bis zur Aufforstung
  • rasche Erstbegrünung mit Gras-Kräuter-Ansaaten - Primärphase der Haldenbegrünung von Bergehalden der (Uran-)Erzbergbaureviere
  • zur Minderung der Staubemission im aktiven Tagebau (Standard bei LEAG + MIBRAG)
Vorteile
  • bodenverbessernde und bodenschützenden Wirkung (schnelle Bodendeckung als Erosionsschutz, Bodenbeschattung, günstiges Kleinklima; Stickstoffbindung aus der Luft oder tieferen Bodenschichten und Verlagerung in den Feinwurzelbereich; Bildung/Erhalt des Bodengefüges und der Durchwurzelung (z.B. Aufschluss der Rekultivierungssubstrate durch die Wurzeln); Bildung/Erhalt der Kapillarwirkung, bessere Luft- und Wasserversorgung im Boden; Verringerung des Aufwuchses einer verdämmenden Begleitflora)
  • ganzjährig Lebensraum zahlreicher Vogel- und Insektenarten
  • Aussamung, wenn die Zwischenbegrünung lange genug stehen bleibt
  • zahlreiche Blühaspekte – Ästhetik
  • Verzicht auf das Ausmähen der Forstkulturen (Kosteneingesparung)
Nachteile
  • vorläufige Maßnahme - es bedarf i.d.R. weiterer Behandlungsmaßnahmen auf den Flächen
Investitionskosten
  • ggf. Kosten für die Herstellung/Fertigstelllung der Oberfläche
  • ggf. Kosten für Melioration + Bodenverbesserungsmittel
  • Kosten für Saatgut
  • dazu kommen Kosten für Planung
  • ggf. Grundstückskauf und Genehmigung
Kosten für laufenden Betrieb
  • keine
Kosten für Chemikalien
  • ggf. Kosten für Bodenverbesserungsmittel
Datenstand
01.01.2016

Literatur

  • Hildmann, C., Knoche, D., Rösel, L., Zimmermann, B., Landeck, I. 2016: Konzept zur Reduzierung des Haldenwasseraufkommens durch Optimierung der Haldenbegrünung an den Kalirückstandshalden im Südharzrevier. Abschlussbericht für die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH, Bereich Kali, Spat, Erz, Sondershausen. Finsterwalde. unveröffentlicht
  • Löser, R., Schneider, P., Meyer, J., Schramm, A., Gottschalk, N. 2011: Wasserhaushaltliche Bewertung von Haldenabdeckungen im Raum Schlema-Alberoda. Deponie-Workshop Liberec - Zittau 10. - 11. Nov/2011. Wissenschaftliche Schriften im Rahmen des EU Ziel3/Cil3-Projekts " Erdbau und Rekultivierung", Heft 6.
  • Felix, M., Sohr, A., Riedel, P., Assmann, L. 2009: Gefährdungspotenzial Steinkohlenhalden Zwickau/Oelsnitz. Kurzbericht zu den Forschungsberichten 2005 bis 2007. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie des Freistaates Sachsen. Freiberg.