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Neutralisation: Passive Neutralisationsverfahren - Offenes Karbonatgerinne OLC

Verfahrensbeschreibung

Felsengesäumte Kanäle bzw. Gerinne in denen sich größere Kalksteinaggregate (15 – 30 cm) befinden, über die das gefasste Grubenwasser bzw. Oberflächenwasser fließt und dabei gepuffert wird. Modifikationen der Fließgewässersanierung: - LS sand treatment (in-situ): bei hoher Fließgewässerenergie; sandkorngroße Kalksteinbruchstücke (Kalksteinbrechsand) direkt in das strömende Wasser geben; Kalksteinbrechsandkörner verteilen sich stromabwärts und lösen sich dabei auf; Entfernung bereits ausgefällter Fe-Hydroxid-Ablagerungen durch das Scheuern der Partikel gegeneinander bzw. am Gewässerboden → stets neue reaktive Oberflächen verfügbar - Low-pH Fe oxidation channel (in-situ, Bypass): zur Behandlung eisenreicher AMD Einbau von Kalkstein- bzw. Sandsteinaggregaten im Gemisch in flache Oxidationskanäle - Diversion Wells = Umleitungsschächte (als Bypass): mit sandkorngroßen Kalksteinbruchstücken gefüllte zylindrische Beton- oder Metalltanks, die neben einem Bach errichtet bzw. in den Untergrund neben dem Bach versenkt werden; ein Metallrohr transportiert das AMD zum Boden des Tanks (mind. 2,5 m Potentialgefälle), von wo aus es wieder aufsteigt und dabei das Kalksteinsteinbett vertikal durchströmt; Verminderung der Bildung von Belägen (Coating) durch Rühren (die sich durch Hydrolyse- und Neutralisationsreaktionen bildenden Metallflocken bleiben in Suspension und werden mit dem Wasserstrom aus dem Brunnen ausgespült)

Einsatzbereich
saure, sauerstoffhaltige Grubenwässer mit höheren Metallionen-Konzentrationen
Behandlungsziel
Säureminderung / Generierung von Alkalinität (pH-Wert-Anhebung) – Metallreduktion – Schönung
Verfahrensart
Bergbau
Umwelteinflüsse
Flächenbedarf (Grabensystem), Gefälle
Überwachung
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage; ggf. Fließgewässermonitoring
Nachsorge
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage; ggf. Fließgewässermonitoring
Nachbesserung
bei größeren OLCs Absetzbecken oder Feuchtgebiete an Zwischenpunkten (Flachkanalsegmente)
Relevante Prozesse
  • Auflösung des Kalksteins durch Hydrolyseprodukte (H+, CO2) / Oxidationsreaktionen durch Sauerstoffzutritt:
  • Generierung von Alkalinität
  • Neutralisierung von Säuren
  • pH-Wert-Anhebung
  • Ausfällung von Oxiden/Hydroxiden (insbesondere Eisen-, Aluminiumhydroxide)
  • Sorption von Spurenmetallen an den Fe-/Al-Hydroxiden
Anwendungsstand
Entwicklungsphase
Zeitaufwand
kleiner 1 Jahr

Rechtliche Anforderungen

Arbeitsschutz
- TRGS 500, 509, 510, 524 - DGUV-Regel 101-004 „Kontaminierter Bereiche“, 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" - Gefahrstoffverordnung GefStoffV - Materialienband „Leitfaden zum Arbeitsschutz bei der Altlastenbehandlung“ des Freistaates Sachsen - DIN-Vorschriften der VOB Teil C in der aktuellen Fassung
Genehmigungsfähigkeit
prinzipiell gegeben; Einsatz von calciumgetragenen alkalischen Produkten zur Neutralisation ist genehmigungsfähig
Erforderliche Genehmigungen
Gesetz Notwendig
Abfallrecht u. U.
Baurecht Ja
Immissionsschutzrecht Nein
Wasserrecht Ja
Sonstige u. U.

Bewertung

Eignungsgrad für Schadstoffe
gut
  • Schwermetalle
  • Saures Wasser
bedingt
  • Schwebstoffe mit adsorbierten Schadstoffen
  • basisches Wasser
ungeeignet
  • Sulfate
  • Phosphate
  • Schwefelwasserstoff
Umweltauswirkung
hoch mittel gering ohne
Flächenbedarf X
Bodenbelastung X
Grundwasserbelastung X
Luftbelastung X
Lärmbelastung X
Transportaufkommen X
Abfallaufkommen X
Anforderungen
  • Flacher Ausbau
  • Kalksteinbruchstücke mit ø 15 – 30 cm
  • Verweilzeit 1 - 3 h
  • Gefälle des Gerinnes muss hinreichend groß sein, um die Verockerung des Kalksteins zu verhindern (> 20 %, Ziemkiewicz et al., 1997; > 12 %, Ziemkiewicz et al., 2003)
  • idealerweise sorgen turbulente Fließbedingungen (z.B. durch Wälle und/oder Gefällestufen) für den Abtransport der Ausfällungen und verhindern Kolmationen des Porenraumes zwischen den Kalksteinbruchstücken
  • Sulfatkonzentration sollte unterhalb der Gipsausfällung liegen
  • Verwendung als Einzelbehandlung oder in Kombination mit anderen passiven Einheiten
Anforderungen an Umwelt
  • Festgesteinsuntergrund
  • künstlich angelegter Kanal (Entwässerungsgraben aus Kalkstein) oder natürlicher felsengesäumter Bachlauf, der mit Kalksteinen befüllt wird
Beispiele weltweit
  • Swatara Creek Basin (Cravotta, USGS)
  • Grubenwasseraustritt des ehemaligen Kohlenbergwerks Dominion Nr. 11 auf der Cape Breton Insel, Neuschottland, Canada (Wolkersdorfer, 2017)
  • in Sierra de Cartagena-La Unión, Südostspanien; Bergbauregion mit Blei- und Zinkvorkommen (Wolkersdorfer, 2017)
  • Mina de Campanema/Minas Gerais, Brasilien (Wolkersdorfer, 2017)
Leistungsfähigkeit unter sächsischen Bedingungen
  • Aufgrund der geologischen Untergrundverhältnisse (Lockergestein) höchstens Verwendung in Kombination mit anderen passiven Einheiten (Überleitung von Belüftung zum Feuchtgebiet oder Absetzbecken)
Vorteile
  • besonders nützlich in steilem Gelände, in dem lange (300 bis 1000 m) Kanäle möglich sind
  • selbst bei offenen Karbonatgerinnen, die verockert sind, kann im Idealfall noch eine Pufferung des Grubenwassers beobachtet werden
  • bei korrekter Installation wartungsfrei und AMD-Behandlung über Dekaden möglich
  • Grubenwasser muss nicht anoxisch sein
Nachteile
  • Fe-Hydroxid-Ablagerungen vermindern Neutralisationswirkung um 2 – 45 %
  • Nachschaltung von Absetzbecken
Investitionskosten
  • Beschaffung von Kalkstein, Transport des Materials 950 – 73.000 $ (Ziemkiewicz et al., 2003)
  • dazu kommen Kosten für Planung
  • ggf. Grundstückskauf und Genehmigung
Kosten für laufenden Betrieb
  • bei korrekter Installation wartungsfrei (Ziemkiewicz et al., 1997)
  • durchschnittlich 138 $/t/a (Ziemkiewicz et al., 2003)
Kosten für Chemikalien
  • Kalksteinbruchstücke
Datenstand
16.01.2020

Literatur

  • Wolkersdorfer, C. (2017): Reinigungsverfahren für Grubenwasser – Bewertung und Beschreibung von Verfahren. Tshwane University of Technology, Südafrika - Lappeenranta University of Technology, Laboratory of Green Chemistry, Finland.
  • Ziemkiewicz, P.F., Skousen, J.G., Simmons, J. (2003): Long-term Performance of Passive Acid Mine Drainage Treatment Systems. Mine Water and the Environment, 22: 118–129. Springer Verlag
  • Ziemkiewicz, P.F., Skousen, J.G., Brant, D.L., Sterner, P.L., Lovett, R.J. (1997): Acid mine drainage treatment with armored limestone in open limestone channels. Journal of Environmental Quality, Vol. 26(4): 560-569.
  • Ziemkiewicz, Paul F., Brant, David L., Skousen, Jeffrey G. (1996): Acid Mine Drainage Treatment With Open Limestone Channels. Proceedings America Society of Mining and Reclamation, 1996: 367 – 374.