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Neutralisation: Passive Neutralisationsverfahren - oxischer Karbonatkanal

Verfahrensbeschreibung

Offene Gräben die mit Kalksteinaggregaten gefüllt sind, durch die das kontaminierte Wasser unter aeroben Bedingungen mit hohem Gradienten geleitet wird, die mit Bodenmaterial abgedeckt sind

Einsatzbereich
saure, sauerstoffhaltige Grubenwässer mit moderaten Metallionenkonzentrationen
Behandlungsziel
Säureminderung / Generierung von Alkalinität (pH-Wert-Anhebung) – Metallreduktion
Verfahrensart
Bergbau
Umwelteinflüsse
Flächenbedarf (Grabensystem), Gefälle
Überwachung
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage
Nachsorge
Monitoring des Zu- und Ablaufs der Anlage
Relevante Prozesse
  • Auflösung des Kalksteins durch Hydrolyseprodukte (H+, CO2) / Oxidationsreaktionen durch Sauerstoffzutritt:
  • Generierung von Alkalinität
  • Neutralisierung von Säuren
  • pH-Wert-Anhebung
  • Ausfällung von Oxiden/Hydroxiden (insbesondere Eisen-, Aluminiumhydroxide)
  • Sorption + Kopräzipitation von Spurenmetallen an den Fe-/Al-Hydroxiden
Anwendungsstand
Entwicklungsphase
Zeitaufwand
kleiner 1 Jahr

Rechtliche Anforderungen

Arbeitsschutz
- TRGS 500, 509, 510, 524 - DGUV-Regel 101-004 „Kontaminierter Bereiche“, 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" - Gefahrstoffverordnung GefStoffV - Materialienband „Leitfaden zum Arbeitsschutz bei der Altlastenbehandlung“ des Freistaates Sachsen - DIN-Vorschriften der VOB Teil C in der aktuellen Fassung
Genehmigungsfähigkeit
prinzipiell gegeben; Einsatz von calciumgetragenen alkalischen Produkten zur Neutralisation ist genehmigungsfähig
Erforderliche Genehmigungen
Gesetz Notwendig
Abfallrecht u. U.
Baurecht Ja
Immissionsschutzrecht Nein
Wasserrecht Ja
Sonstige u. U.

Bewertung

Eignungsgrad für Schadstoffe
gut
  • Schwermetalle
  • Saures Wasser
bedingt
  • Schwebstoffe mit adsorbierten Schadstoffen
  • basisches Wasser
ungeeignet
  • Sulfate
  • Phosphate
  • Schwefelwasserstoff
Umweltauswirkung
hoch mittel gering ohne
Flächenbedarf X
Bodenbelastung X
Grundwasserbelastung X
Luftbelastung X
Lärmbelastung X
Transportaufkommen X
Abfallaufkommen X
Anforderungen
  • Hangneigung > 20 %
  • Fließgeschwindigkeiten überall ≥ 0,1 m/min, vorzugsweise 0,5 m/min (Younger et al., 2002); Feststoffe sollen in Suspension gehalten werden, um sie anschließend in einem Absetzbecken oder einem Feuchtgebiet zu sedimentieren; idealerweise sorgen turbulente Fließbedingungen für den Abtransport der Ausfällungen und verhindern Kolmationen des Porenraumes zwischen den Kalksteinbruchstücken
  • Verweilzeit: 2 - 3 h (Cravotta und Trahan, 1999; Heitfeld et al., 2012)
  • Kalksteingröße, untergeordnet Dolomitbruchstücke mit ø ca. 30 x 100 mm
Anforderungen an Umwelt
  • künstlich angelegter Kanal oder natürlichen Bachlauf, der mit Kalksteinen befüllt und Bodenmaterial abgedeckt wird
Beispiele weltweit
  • Sandstein- und Kalksteinekanäle in Pennsylvania and West Virginia, USA
  • Tangascootack #1 Passive System Oxic Limestone Bed, Pennsylvania, USA
  • Pittsburgh Botanic Garden, Pennsylvania, USA
  • Kalkstein- bzw. Dolomitkanäle zur Behandlung von AMD im Minengebiet Lothringen (Au, Ag, Cu, Ni) Region Témiscamingue, Quebec, Kanada
  • Teil passiver Behandlungssysteme für uran- und radiumhaltige bzw. polymetallisch, sulfidische Wässer stillgelegter Minen in Portugal
  • OLD als Teil der passiven Behandlung der Hachener Teiche, NRW, Dtl.
Leistungsfähigkeit unter sächsischen Bedingungen
  • lt. PIRAMID Consortium (2003) am effektivsten bei hohem Gehalt an gelösten O2, Eisen-/Aluminium-Konz. 10 - 20 mg/l und einer Azidität ≤ 90 mg/l CaCO3-Äquivalent; Cravotta (1998) hingegen gibt behandelbare Fe3+/Al3+-Konz. zw. 1 – 5 mg/l an und auch Wolkersdorfer (2017) empfiehlt wegen Verockerungsgefahr Einsatz nur bei Wässern mit O2 > 1 mg/l, Basenkapazität < 1,6 mmol/l und der Summe von Al3+, Fe3+, Fe2+, Mn2+, Spurenelementen < 5 mg/l
Vorteile
  • sehr geringer Flächenbedarf
  • Errichtung auch bei unwegsamem Gelände und über längere Strecken, an sehr abgelegenen Orten bzw. in gebirgigem Gelände
  • optional zwischen Kaskade und Belüftungsbecken
  • verkrusteter Kalkstein kann relativ einfach und unkompliziert ausgetauscht werden
  • Grubenwasser muss nicht anoxisch sein
Nachteile
  • Verockerungsgefahr hoch bzw. ausgefällte Fe-/Al-Hydroxide können den Kalkstein „umhüllen“, wodurch der Kontakt zwischen Wasser und Kalksteinoberflächen und damit die Geschwindigkeit der Kalksteinauflösung und Alkalinitätsproduktion reduziert werden; Kalkstein muss daher in größeren Abständen (2 – 10 Jahre) gesäubert bzw. ausgetauscht werden
  • Nachschaltung eines zweiten passiven Systems notwendig, um die zu Hydroxiden oxidierten Metallionen zu sedimentieren (Sedimentationsbecken, aerobes Feuchtgebiet)
Investitionskosten
  • Beschaffung von Kalkstein, Transport des Materials, Bau der Anlage 15.000 - 100.000 € (Heitfeld et al., 2012), 80.000 $ (Hedin, 2014)
  • ggf. Grundstückskauf und Genehmigung
Kosten für laufenden Betrieb
  • Betriebskosten sind eher als gering einzustufen
  • Kosten für regelmäßiges Freischneiden, Monitoring, Reinigung der Kalksteinaggregate oder deren Austausch (Hedin, 2014: Inspektion: 1.000 $/a, Reinigung/Austausch Kalkstein: 2.500 $/a)
Kosten für Chemikalien
  • Kalksteinbruchstücke
Datenstand
16.01.2020

Literatur

  • Cravotta, C. (1998): Oxic limestone drains for treatment of dilute, acidic mine drainage. Annual Symposium of the West Virginia Surface Mine Drainage Task Force, April 7-8,1998, Morgantown, W.Va.
  • PIRAMID Consortium (2003): Engineering Guidelines fort the Passive Remediation of Acidic and/or Metalliferous Mine Drainage and similar Wastewaters – “PIRAMID Guidelines”. 166 p. University of Newcastle Upon Tyne. Newcastle Upon Tyne.
  • Wolkersdorfer, C. (2017): Reinigungsverfahren für Grubenwasser – Bewertung und Beschreibung von Verfahren. Tshwane University of Technology, Südafrika - Lappeenranta University of Technology, Laboratory of Green Chemistry, Finland.
  • Younger, P. L., Banwart, S., Hedin, R. (2002): Mine Water – Hydrology, Pollution, Remediation. Environmental Pollution. 464 p. Dordrecht / Boston / London - Kluwer Academic Publishers.